In Zeiten der Pandemie sind praktische Lerninhalte, wie beispielsweise Betriebsbesuche, Hauswirtschaftsunterricht mit Kochen und Backen oder aber Klassenfahrten aufgrund der Einschränkungen nicht umsetzbar. Gerade diese praktischen Erlebens- und Vermittlungsformen sind für die Schülerinnen und Schüler der Berufsvorbereitenden Einrichtung (kurz: BVE), welche an der Wilhelm Maybach Schule unterrichtet werden, von zentraler Bedeutung.
Die Schülerinnen und Schüler der BVE kommen größtenteils von sonderpädagogischen Schulen mit den Entwicklungsschwerpunkten geistige, körperliche und motorische Entwicklung und haben in diesen Bereichen Unterstützungsbedarf. Ihr Ziel ist es, trotzdem möglichst selbstständig und eigenbestimmt zu leben und einen passenden Arbeitsplatz für sich zu finden. Dazu erhalten sie Hilfe durch Fachdienste, Jobcoaches, die Agentur für Arbeit, den Kommunalverband für Jugend und Soziales und Lehrer der beruflichen Schulen, welche für den technischen und hauswirtschaftlichen Unterricht sorgen. Die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer und Sonderschullehrer*innen der Stuttgarter Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren koordinieren die BVE und bestreiten in Teilen den Unterricht, welcher durch die Pandemiebedingungen zwangsläufig theoretischer ausfiel als erwünscht.
Auf der Suche nach praktischen Lerninhalten, entdeckten die Sonderpädagogen Herr Herdtle und Herr Röck (von der Helene-Schoettle-Schule) die Ausschreibung des Umwelt-Fotowettbewerbs 2021 der Stadt Stuttgart. Dieser versprach die aktive Auseinandersetzung mit dem spannenden Thema des Klimawandels und seinen Auswirkungen im eigenen Lebensumfeld. So machten sich die Klassen der BVE, im Juni und Juli 2021 im Rahmen des Kunstunterrichts mit ihren Smartphones auf den Weg, um zunächst die unmittelbare Umgebung der Schule zu erkunden. In Bad Cannstatt stießen sie auf Bausünden, große versiegelte Flächen, breite Straßen, aber auch immer wieder auf kleine grüne Verkehrsinseln, Mittelstreifen, Vorgärten und Parks, die ihnen wie lebensspendende Oasen in der Betonwüste erschienen. Nach diesen ersten Eindrücken suchten die Lehrer Kontakte zu Initiativen in Stuttgart, die etwas für den Wiedereinzug des Grüns in unserer Stadt tun. Die Schülerinnen und Schüler konnten „Urban Gardening“ hautnah in Form von Hochbeeten auf dem obersten Dach des Züblin-Parkhauses im Leonardsviertel erleben, Pause unter „Mobilen Bäumen“ und an „Mooswänden“ machen, sowie einen Nachmittag im dschungelartigen „Garten der Begegnung“ des Vereins „el Palito“ verbringen. Dort konnten die Schülerinnen und Schüler ihre eigens produzierten „Seedbombs“ mitnehmen und auf ihrem Nachhauseweg selbst einen Beitrag zur Begrünung ihrer Stadt leisten.
Neben den eindrücklichen Erlebnissen und zahlreichen Fotos nahmen sie die Erkenntnis mit zurück ins Klassenzimmer, dass Initiativen Einzelner oder Gruppen engagierter Bürger als Vorbild für flächendeckende Ausweitung dienen können und sollten. Die Schülerinnen und Schüler sichteten ihre Bilderflut an den Schulcomputern, trafen ihre Auswahl und schrieben ihre Gedanken dazu auf. Gebündelt wurde das Gemeinschaftswerk eingereicht und mit einem Preis ausgezeichnet. Neben der Anerkennung erhielten die Schülerinnen und Schüler der BVE ein Preisgeld in Höhe von 750 €. Dieses Geld wird sicherlich dabei helfen, um weitere aktive Erlebnisse für die Schülerinnen und Schüler gestalten und ermöglichen zu können.